Osnabrück 2018

Universität Osnabrück

26.–29. September 2018

Krieg und Frieden. Zur Produktivität von Krisen und Konflikten

https://www.frk.uni-osnabrueck.de

Unter dem Motto Krieg und Frieden. Zur Produktivität von Krisen und Konflikten fand der Kongress der Frankoromanisten vom 26.–29. September 2018 an der Universität Osnabrück statt.

Anders als beim Jubiläumskongress 2016 in Saarbrücken war der FRV damit in einem Bundesland zu Gast, in dem das Schulfach Französisch zunehmend unter Druck gerät und daher auch die Existenz der Frankoromanistik als universitäres Fach auf längere Sicht gefährdet sein könnte. Die Vergabe des Frankoromanistenkongress nach Osnabrück soll damit auch ein Zeichen setzen und die außerordentliche Bedeutung betonen, die der Kenntnis der Sprache und Kultur unseres europäischen Nachbarn und Partners Frankreich wie auch – in Zeiten globaler Migrationsbewegungen – derjenigen der frankophonen Länder weltweit zukommt.

Der Eindruck, in einer Zeit vielfältiger Krisen zu leben, die nach Strategien der Befriedung und Konfliktbewältigung zur Erreichung eines friedlichen Miteinanders verlangen, spiegelt sich auch im Kongressthema „Krieg und Frieden“ wider. Konkret wird damit an den Genius loci Osnabrücks als ‚Friedensstadt‘ angeknüpft, in der 1648 mit dem in Münster und Osnabrück geschlossenen Westfälischen Frieden jener erste große europäische Konflikt der Neuzeit beendet wurde, dessen Ausbruch sich 2018 zum 400. Mal jähren wird.

Der Westfälische Frieden steht seitdem, wie Frank-Walter Steinmeier in seiner Rede auf dem Deutschen Historikertag 2016 hervorhob, für einen Paradigmenwechsel im Bemühen um die Beendigung eines Kriegs, da er die Möglichkeiten der Friedensschaffung auslotet, ohne die Frage nach der Wahrheit zu stellen. Über die Pax Westphalica hinaus erinnert die semantisch stark aufgeladene Jahreszahl 2018 gleichwohl an andere einschlägige Daten, die ihrerseits Kriege, Konflikte und Krisen und ihre Bewältigung aufrufen: die 420. Wiederkehr des sog. Toleranzedikts von Nantes, mit dem Henri IV 1598 die französischen Bürger- und Religionskriege beendete, das Ende des Ersten Weltkriegs vor hundert Jahren, das eine radikale staatlich-gesellschaftliche Neuordnung Europas einleitete und schließlich die in Frankreich besonders vehement geführten Auseinandersetzungen des Mai ’68 vor fünfzig Jahren.

Über diese eher punktuellen Ereignisse hinaus, die immer wieder das jahrhundertelang konfliktgeladene deutsch-französische Verhältnis mitbestimmt haben, soll das Thema des 11. Frankoromanistenkongresses den Blick aber insbesondere auf die produktive Überwindung von Kriegs- und Krisensituationen lenken. Denn das Projekt Europa, das Frankreich und Deutschland in ganz besonderer Weise miteinander verbindet – im Horizont aktueller Entwicklungen scheint es notwendig, daran zu erinnern – steht nicht nur am Ende einer menschheitsgeschichtlichen Katastrophe, es ist gleichzeitig das Ergebnis einer friedensstiftenden Neubegründung.

Mit der Erinnerung an sowohl historische als auch aktuelle Konflikte und Krisen politischer, sozialer, generationeller und nicht zuletzt religiöser Art und ihre Befriedung möchte der FRV in Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft sowie Fachdidaktik zu einer inhaltlichen und/oder methodisch-theoretischen Diskussion anregen, die sich in frankoromanistischer und interdisziplinärer Perspektive mit Konflikten, ihrem Potential und schließlich Ansätzen zu ihrer Bewältigung auseinandersetzt. Als leitende Untersuchungsperspektive ergibt sich daraus die Frage nach historischen Strategien der Konfliktbewältigung bzw. nach Friedensvorstellungen und ihrem in unterschiedlichen Kontexten je spezifischen Potential, das auch mit Blick auf aktuelle Krisen und Konflikte diskutiert werden kann. Ist Frieden gleichbedeutend mit der Einebnung von Heterogenität und Differenz? Oktroyiert die Konfliktlösung dem Verlierer oder Schwächeren den Willen der Sieger oder Mächtigen auf? Sind Friedensschlüsse damit primär Ausdruck von Hegemonialgeflechten? Oder gibt es vielmehr übergreifende Logiken der Konfliktbewältigung, in denen sich Strategien des Interessensausgleichs zwischen den Konfliktparteien abzeichnen? Meint Frieden nur die Absenz von Krieg oder muss er nicht auch verstanden werden als ein (demokratischer) Prozess, ein immer wieder neu anzustoßendes Bestreben, unterschiedliche Interessen innerhalb einer Gesellschaft zu Wort kommen zu lassen und die sich daraus ergebenden Konflikte gewaltfrei zu lösen? Welche anthropologischen Konzepte sind dabei im Spiel? Welche Bedeutung kommt dem Konzept der Toleranz für die Ermöglichung von Frieden zu? Welche Rolle spielen Literatur und Medien, aber auch Wissenschaft und Unterricht für Entwurf und Umsetzung von Konfliktlösungen?

Unter diesem Link können Sie auf den Reader zum Frankoromanistenkongress Osnabrück zugreifen.